9. Februar 2013

Schon wieder Neujahr

Seit 1 Monat befinden wir uns nun in Vietnam, aktuell in Hue, wo wir auf ein Päckli aus der Schweiz mit Speichen für Brunos Hinterrad warten. Dadurch werden wir bereits wieder einen Jahreswechsel erleben, denn am 10. Februar ist vietnamesisches Neujahr. Die gesamte Strecke bis Km 5226 findet Ihr hier.

Nach der letzten Silvesterpause nahmen wir die restlichen Kilometer Chinas in Angriff. Wieder waren es 2 sehr hügelige Tage, die uns zudem durch nebelverhangenes Gebiet führten. Gegen Ende des 2. Tages, an welchem sich erneut eine überforderte Speiche an Brunos Hinterrad verabschiedet hatte, verflog der Nebel jedoch und wir erhielten den Lohn für die vielen Höhenmeter in Form einer schier endlosen Abfahrt mitten ins Herz eines Bananentales. Relativ weit oben war zudem ein Bananensattelschlepper über die Innenseite einer engen Kurve gekippt. Der Laster lag quer auf der Strasse und es hatten sich zu beiden Seiten lange Verkehrsschlangen gebildet. Während die Dorfbewohner die unzähligen verstreuten Bananen(kisten) einsammelten, schlüpften wir durch die Lücke, welche der Laster zwischen sich und der Mauer offen gelassen hatte und genossen die Abfahrt praktisch verkehrsfrei. Müde und zufrieden beendeten wir unseren Chinaaufenthalt mit dem bisherigen Rekordtag (134km und 1511 Höhenmeter) im warmen Hekou bei einem chinesischen Leichtbier.




Bei der Ausreise aus China gab es zuerst geographische und danach technische Probleme. Wir hatten einige Mühe die Grenze zu finden, viele Menschen wollten uns helfen, was dann wahrscheinlich Teil des Problems war. Nach Längerem Hin und Her wurden wir in dem regen Treiben schliesslich fündig. Wir sahen unzählige Laster, deren Güter auf Schiffe gehievt wurden um den Grenzfluss zu überqueren. Auch wurden riesige Mengen an Waren mit Holzkarren über die Brücke nach Vietnam gezogen.

Nachdem die chinesischen Zöllner Mühen mit dem Scannen unserer Pässe gezeigt hatten und schliesslich schulterzuckend vor den Tücken der modernen Technik kapitulierten um uns durchzuwinken, schoben wir unsere Velos über die Brücke Richtung Vietnam. Sogleich luden zwei junge Frauen mit einem „Thank you-thank you“ ihre ganzen Einkäufe auf unsere Gepäckträger. Ja kalr, wieso auch nicht? Die Einreise war dann supereinfach, der Zollbeamte witzelte mit uns, brachte uns ein paar erste vietnamesische Floskeln bei, Stempel drauf und da waren wir.

Streckenmässig erwartete uns nun eine Schlaufe durch die nördlichen Berge und was wir in China als Abfahrt geniessen konnten, durften wir deshalb einen Tag später bereits wieder hochradeln. Und noch mehr: nach einer flachen Anfahrt ging es innerhalb von gut 25km gnadenlose 1400 Höhenmeter nach oben. Das bedeutete 4 Stunden Leiden, zumal die Strasse bald wieder im Nebel und nasser Kälte verschwand. Die 9 Grad Aussentemperatur bei 100% Luftfeuchtigkeit in Sa Pa herrschten auch im Zimmer des Guesthouses und nur die elektrische Wärmedecke auf der Matratze rettete uns vor dem Erfrierungstod. Von Sa Pa selbst sahen wir an diesem, dem nächsten und übernächsten Tag kaum mehr als ein paar Häuserfassaden, denn der Nebel verhinderte souverän jegliche – angeblich schöne - Aussicht aus unserem „Zimmer mit Aussicht“. So sassen wir in ein paar Cafés rum, wärmten uns an Holzöfen und genossen es auf Englisch zu bestellen.


Nudelbude auf dem Markt in Sa Pa



Die nun folgenden Tage waren landschaftlich traumhaft. Grüne Täler mit Reisfeldern und Wasserbüffeln, kleine Dörfer mit umherwandelnden Hühnern, Kühen, Ziegen und Hängebauchschweinen. Dazwischen Unmengen an „Hello-Hello“ rufenden Kindern; eigentlich waren wir mit Grüssen beschäftigt, Velofahren war nur nebenbei. Eine Etappe wurde uns dann aber zu viel. Die Strasse war grösstenteils unbefestigt mit anstrengenden, schlammigen Schiebepassagen. Darüberhinaus gab es mehrere Baustellen, an welchen der Verkehr jeweils für 60 Minuten gestoppt wurde, dann wieder 30 Minuten fahren durfte. Falls die aufeinander abgestimmt waren, dann sicher nicht auf unser Schneckentempo. So durften wir alle 10km eine unfreiwillige Pause einlegen, immer für mindestens eine halbe Stunde. Der Tag verging, der Schlamm und das Geröll nicht, wir hatten nicht genug Wasser und Essen für eine Zeltnacht und eh gab es da einfach dieses steile Tal mit Fluss und keine Flache Stelle fürs Übernachten. So nahmen wir denn einen Bus, der ebenfalls an der x-ten Baustelle wartete. Der Fahrer zockte uns um ca. das 10fache ab – wie wir später rausfanden - aber wir erreichten immerhin den nächsten Ort mit Guesthouse vor der Dunkelheit. Am nächsten Tag stiegen wir gleich von Anfang an in einen Bus nach Dien Bien Phu, da wir keine Lust auf eine zweite Schlammschlacht hatten. Vom Busfenster aus entpuppte sich die Strecke dann zwar als bergig, aber mit durchaus guter Strasse. Die Landschaft erstrahlte im bisher sattesten Grün, was auch vom Bussitz aus mal ganz gemütlich war. Zumindest insofern, als dass unsere Mägen mit dem Rennstil des Busfahrers kompatibel waren.




Fahrende Gärtnerei


Indochinakriegsdenkmal Dien Bien Phu








































Baustellentag








Nach einigen weiteren Bergetappen erreichten wir schliesslich Hanoi und damit eine andere Welt. Es schien, als vereinen sich alle Töfffahrer Asiens in dieser Stadt. Da die Verkehrsdichte sehr hoch ist, bleibt das Tempo eher moderat und das Ganze ist auch zum Radfahren ziemlich sicher. Wir genossen die quirrlige Stimmung in den Gassen der Altstadt, die Seen und Pärke mit ihren uralten Bäumen und besuchten Onkel Ho für ca. 23 Sekunden im Laufschritt; mehr Zeit gab's nicht im Mausoleum.



Schildkrötenturm

Hochzeitsphotomeile















































































Hier noch ein kleines Filmchen von ein paar Velofahrten durch den Hanoier Verkehr.




Weiter ging's Richtung Süden und nach 6 eher öden Tagen A1 mit dichtem Verkehr und einem erfolglosen Versuch auf den Ho-Chi-Minh-Pfad zu gelangen (siehe unten), erreichten wir Hue. Die ehemalige Herrscherstadt ist deutlich relaxter als Hanoi und glänzt mit lokalen Leckereien als angebliche Hochburg der vietnamesischen Küche. Nebst dem Schlemmen besuchten wir ein paar malerische Pagoden und Gräber und knatterten mit einem Motorrad an den Strand. Nun stehen noch ein Hinterradbau und Silvester bevor und danach dürfen wir uns endlich wieder aufs Velo schwingen.


Ende der Suche nach dem HCM-Pfad

















































































































































Sonnenuntergang über dem Parfümfluss








Vieles in Vietnam ist sehr ähnlich wie in China, einiges aber doch sehr anders. Vor allem die hier vorhandene Cafekultur sticht hervor. Es gibt plötzlich Bars und Kneipen in welchen man gemütlich verweilen kann und sogar Bäckereien mit Baguettes. Viele MotorradfahrerInnen tragen lustige Helme, ähnlich wie Baseballcaps mit integriertem Dächli und sogar einer Aussparung für den Rossschwanz. Die Nudelsuppe (Pho) wird mit frischen Kräutern, Salat und Limonenschnitzen serviert und das Restaurantpersonal zeigt wenig Berührungsängste; bereits mehrmals instruierte uns einE KellnerIn nach einem kurzem „Sorry“ wie man die Speisen richtig isst und griff mit den Händen in unsere Teller, um die korrekte Kombination der Zutaten zu demonstrieren. Ein weiteres lustiges Detail in Vietnam – ausser wenn man gerne ausschlafen möchte – sind die morgendlichen und abendlichen Infosendungen via Lautsprecher in den Quartieren Hanois und in fast allen anderen Dörfern und Städten, in welchen wir bisher übernachtet haben. Über gut verteilte, aber schlecht klingende Lautsprecher werden Nachrichten, unterbrochen von Musik und hörspielähnliche Sendungen mit happiger Lautstärke verbreitet. Den bisherigen Rekord hält Ha Tinh, wo Bevölkerung und Hotelgäste um Viertel vor 5 Uhr morgens (!) mit neusten Infos versorgt werden. Und: Vietnamesen lieben ABBA und - ja wirklich - Modern Talking...

Auch wenn es viele schöne Momente in Vietnam gab und gibt und die meisten Menschen sehr freundlich sind, fühlen wir uns hier nur halb wohl. Das liegt wohl daran, dass Vietnam seit vielen Jahren sehr touristisch ist, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Menschen. Fremde bedeuten für viele Leute vor allem Einkommen, in China hingegen fühlten wir uns in erster Linie als ausländische Gäste willkommen. Wir freuen uns deshalb sehr auf Laos, unsere nächste Destination. Worüber wir uns übrigens nicht mehr beklagen können ist die Kälte. Innerhalb der 6 Velotage Richtung Süden stieg die Temperatur stetig und erreicht mittlerweile schwüle 30 Grad. Und es wird noch heisser werden...


Und wie immer noch ein paar Photos.


Mitbewohnerli
































Syngenta war schon hier...













































 















Bis bald!