Seit 1
Monat befinden wir uns nun in Vietnam, aktuell in Hue, wo wir auf ein
Päckli aus der Schweiz mit Speichen für Brunos Hinterrad warten. Dadurch werden wir bereits wieder einen Jahreswechsel erleben, denn am 10. Februar ist vietnamesisches Neujahr. Die gesamte Strecke bis Km 5226 findet Ihr hier.
Nach der letzten Silvesterpause nahmen wir die restlichen Kilometer Chinas in Angriff.
Wieder waren es 2 sehr hügelige Tage, die uns zudem durch
nebelverhangenes Gebiet führten. Gegen Ende des 2. Tages, an welchem
sich erneut eine überforderte Speiche an Brunos Hinterrad verabschiedet hatte,
verflog der Nebel jedoch und wir erhielten den Lohn für die vielen
Höhenmeter in Form einer schier endlosen Abfahrt mitten ins Herz
eines Bananentales. Relativ weit oben war zudem ein
Bananensattelschlepper über die Innenseite einer engen Kurve
gekippt. Der Laster lag quer auf der Strasse und es hatten sich zu
beiden Seiten lange Verkehrsschlangen gebildet. Während die
Dorfbewohner die unzähligen verstreuten Bananen(kisten)
einsammelten, schlüpften wir durch die Lücke, welche der Laster
zwischen sich und der Mauer offen gelassen hatte und genossen die
Abfahrt praktisch verkehrsfrei. Müde und zufrieden beendeten wir
unseren Chinaaufenthalt mit dem bisherigen Rekordtag (134km und 1511
Höhenmeter) im warmen Hekou bei einem chinesischen Leichtbier.
Bei der
Ausreise aus China gab es zuerst geographische und danach technische
Probleme. Wir hatten einige Mühe die Grenze zu finden, viele
Menschen wollten uns helfen, was dann wahrscheinlich Teil des Problems
war. Nach Längerem Hin und Her wurden wir in dem regen Treiben schliesslich fündig. Wir sahen unzählige Laster, deren Güter auf Schiffe
gehievt wurden um den Grenzfluss zu überqueren. Auch
wurden riesige Mengen an Waren mit Holzkarren über die Brücke nach
Vietnam gezogen.
Nachdem die
chinesischen Zöllner Mühen mit dem Scannen unserer Pässe gezeigt hatten und
schliesslich schulterzuckend vor den Tücken der modernen Technik kapitulierten um uns durchzuwinken, schoben
wir unsere Velos über die Brücke Richtung Vietnam. Sogleich
luden zwei junge Frauen mit einem „Thank you-thank you“ ihre
ganzen Einkäufe auf unsere Gepäckträger. Ja kalr, wieso auch nicht? Die Einreise war dann
supereinfach, der Zollbeamte witzelte mit uns, brachte uns ein paar
erste vietnamesische Floskeln bei, Stempel drauf und da waren wir.
Streckenmässig
erwartete uns nun eine Schlaufe durch die nördlichen Berge und was
wir in China als Abfahrt geniessen konnten, durften wir deshalb einen Tag später bereits wieder hochradeln. Und noch mehr: nach
einer flachen Anfahrt ging es innerhalb von gut 25km gnadenlose 1400
Höhenmeter nach oben. Das bedeutete 4 Stunden Leiden, zumal die
Strasse bald wieder im Nebel und nasser Kälte verschwand. Die 9 Grad
Aussentemperatur bei 100% Luftfeuchtigkeit in Sa Pa herrschten auch
im Zimmer des Guesthouses und nur die elektrische Wärmedecke auf der
Matratze rettete uns vor dem Erfrierungstod. Von Sa Pa selbst sahen
wir an diesem, dem nächsten und übernächsten Tag kaum
mehr als ein paar Häuserfassaden, denn der Nebel verhinderte
souverän jegliche – angeblich schöne - Aussicht aus unserem
„Zimmer mit Aussicht“. So sassen wir in ein paar Cafés rum,
wärmten uns an Holzöfen und genossen es auf Englisch
zu bestellen.
Nudelbude auf dem Markt in Sa Pa |
Die
nun folgenden Tage waren landschaftlich traumhaft. Grüne Täler mit
Reisfeldern und Wasserbüffeln, kleine Dörfer mit
umherwandelnden Hühnern, Kühen, Ziegen und Hängebauchschweinen.
Dazwischen Unmengen an „Hello-Hello“ rufenden Kindern; eigentlich
waren wir mit Grüssen beschäftigt, Velofahren war nur nebenbei.
Eine Etappe wurde uns dann aber zu viel. Die Strasse war
grösstenteils unbefestigt mit anstrengenden, schlammigen
Schiebepassagen. Darüberhinaus gab es mehrere Baustellen, an welchen
der Verkehr jeweils für 60 Minuten gestoppt wurde, dann wieder 30
Minuten fahren durfte. Falls die aufeinander abgestimmt waren, dann
sicher nicht auf unser Schneckentempo. So durften wir alle 10km eine
unfreiwillige Pause einlegen, immer für mindestens eine halbe
Stunde. Der Tag verging, der Schlamm und das Geröll nicht, wir
hatten nicht genug Wasser und Essen für eine Zeltnacht und eh gab es
da einfach dieses steile Tal mit Fluss und keine Flache Stelle fürs Übernachten. So
nahmen wir denn einen Bus, der ebenfalls an der x-ten Baustelle
wartete. Der Fahrer zockte uns um ca. das 10fache ab – wie wir
später rausfanden - aber wir erreichten immerhin den nächsten Ort
mit Guesthouse vor der Dunkelheit. Am nächsten Tag stiegen wir
gleich von Anfang an in einen Bus nach Dien Bien Phu, da wir keine
Lust auf eine zweite Schlammschlacht hatten. Vom Busfenster aus
entpuppte sich die Strecke dann zwar als bergig, aber mit durchaus
guter Strasse. Die Landschaft erstrahlte im bisher sattesten Grün,
was auch vom Bussitz aus mal ganz gemütlich war. Zumindest insofern,
als dass unsere Mägen mit dem Rennstil des Busfahrers kompatibel
waren.
Nach einigen weiteren Bergetappen erreichten wir schliesslich Hanoi und damit eine
andere Welt. Es schien, als vereinen sich alle Töfffahrer Asiens in
dieser Stadt. Da die Verkehrsdichte sehr hoch ist, bleibt das Tempo
eher moderat und das Ganze ist auch zum Radfahren ziemlich sicher.
Wir genossen die quirrlige Stimmung in den Gassen der Altstadt, die
Seen und Pärke mit ihren uralten Bäumen und besuchten Onkel Ho für
ca. 23 Sekunden im Laufschritt; mehr Zeit gab's nicht im Mausoleum.
Schildkrötenturm |
Hochzeitsphotomeile |
Weiter ging's Richtung Süden und nach 6 eher öden Tagen A1 mit dichtem Verkehr und einem erfolglosen Versuch auf den Ho-Chi-Minh-Pfad zu gelangen (siehe unten), erreichten wir Hue. Die ehemalige Herrscherstadt ist deutlich relaxter als Hanoi und glänzt mit lokalen Leckereien als angebliche Hochburg der vietnamesischen Küche. Nebst dem Schlemmen besuchten wir ein paar malerische Pagoden und Gräber und knatterten mit einem Motorrad an den Strand. Nun stehen noch ein Hinterradbau und Silvester bevor und danach dürfen wir uns endlich wieder aufs Velo schwingen.
Ende der Suche nach dem HCM-Pfad |
Sonnenuntergang über dem Parfümfluss |
Vieles in Vietnam ist sehr ähnlich wie in China, einiges aber doch sehr anders. Vor allem die hier vorhandene Cafekultur sticht hervor. Es gibt plötzlich Bars und Kneipen in welchen man gemütlich verweilen kann und sogar Bäckereien mit Baguettes. Viele MotorradfahrerInnen tragen lustige Helme, ähnlich wie Baseballcaps mit integriertem Dächli und sogar einer Aussparung für den Rossschwanz. Die Nudelsuppe (Pho) wird mit frischen Kräutern, Salat und Limonenschnitzen serviert und das Restaurantpersonal zeigt wenig Berührungsängste; bereits mehrmals instruierte uns einE KellnerIn nach einem kurzem „Sorry“ wie man die Speisen richtig isst und griff mit den Händen in unsere Teller, um die korrekte Kombination der Zutaten zu demonstrieren. Ein weiteres lustiges Detail in Vietnam – ausser wenn man gerne ausschlafen möchte – sind die morgendlichen und abendlichen Infosendungen via Lautsprecher in den Quartieren Hanois und in fast allen anderen Dörfern und Städten, in welchen wir bisher übernachtet haben. Über gut verteilte, aber schlecht klingende Lautsprecher werden Nachrichten, unterbrochen von Musik und hörspielähnliche Sendungen mit happiger Lautstärke verbreitet. Den bisherigen Rekord hält Ha Tinh, wo Bevölkerung und Hotelgäste um Viertel vor 5 Uhr morgens (!) mit neusten Infos versorgt werden. Und: Vietnamesen lieben ABBA und - ja wirklich - Modern Talking...
Auch wenn
es viele schöne Momente in Vietnam gab und gibt und die meisten
Menschen sehr freundlich sind, fühlen wir uns hier nur halb wohl.
Das liegt wohl daran, dass Vietnam seit vielen Jahren sehr
touristisch ist, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Menschen.
Fremde bedeuten für viele Leute vor allem Einkommen, in China
hingegen fühlten wir uns in erster Linie als ausländische Gäste willkommen.
Wir freuen uns deshalb sehr auf Laos, unsere nächste Destination.
Worüber wir uns übrigens nicht mehr beklagen können ist die Kälte.
Innerhalb der 6 Velotage Richtung Süden stieg die Temperatur stetig und erreicht mittlerweile schwüle 30 Grad.
Und es wird noch heisser werden...
Und wie immer noch ein paar Photos.
Bis bald!
Und wie immer noch ein paar Photos.
Mitbewohnerli |
Syngenta war schon hier... |
Bis bald!