26. Juni 2013

Nach 132 Velotagen...

...haben wir's geschafft: 10'000 Kilometer on fire ohne einen einzigen platten Reifen!











24. Juni 2013

Vom Nudelsuppen- ins Pizzaland

Seit dem letzten Post sind wir genau 1 Tag Velo gefahren, und zwar vom Mailänder Flughafen Malpensa aus in die Stadt. Morgen geht es endlich wieder los und wir verlassen Mailand Richtung Mortirolo- , Stelvio- und Umbrailpass, welche uns ins Bündner Münstertal und zurück in die Schweiz bringen werden.

Die letzten Tage in China hatten wir nochmals ausgiebig mit Essen verbracht, aber auch Tempel besucht und Billard und Mahjongg gespielt. Letzte Vorbereitungen für die Rückreise wurden getroffen, was vor allem Ballast loswerden bedeutete. Auf unserem Flug konnten wir je nur 30kg Gepäck plus 7kg Handgepäck mitnehmen, inklusive unserer zweirädrigen Panzer... Das bedeutete Verschenken, Entsorgen, Nachhause senden und mit allem was wir auf der Reise bereits aufgebraucht hatten, wurden wir so tatsächlich je etwa 10kg leichter und unterboten die Gepäcklimite haarscharf.


Schlemmen mit Vela und Sherlock

Wunschbaum

Schachteln fürs Flugzeug


Im Museum


























Mahjongg im Teehaus




























Und dann war es soweit: nach 8 Monaten bestiegen wir wieder einen Flieger und unser Asienabenteuer war zu Ende. Einen Mitternachtsstop in Abu Dhabi und ein paar dubiose Flugzeugverpflegungen später landeten wir bereits in Europa. Die Carabinieri grinsten uns freundlich an und der Duft von Espresso stieg in unsere Nasen. Ein brioche con crema und ein richtiger caffè in der Flughafenbar schmeckten nach 8 Monaten wie ein kleines Stück vom Paradies.

Wir bastelten unsere Velos zusammen und fuhren durch die überraschend grünen Aussenquartiere Mailands Richtung Stadt. In unserer Erinnerung war der italienische Verkehr laut und hektisch, aber nach China wirkte alles langsam, leise und rücksichtsvoll. Wunderbar. Wir verbrachten 3 Tage bei Brunos Cousine und ihrer Familie und bestiegen dann den Bus Richtung Süden.



Il Duomo


























Magie auf der Piazza del Duomo







































Mariantonietta, Pasquale, Nicola, Isabella





Von der Grossstadt ging die Fahrt in die Basilicata, nach San Giorgio Lucano, einem 1300-Seelendorf in der Nähe des Nationalparkes Pollino. Hier wohnen die Tante und weitere Cousinen von Bruno. Wie in Chengdu und Mailand bewegten sich die Temperaturen stets jenseits der 30 Grad und so sassen und lagen wir die meiste Zeit im Schatten. Eigentlich schade, denn die Gegend ist wunderschön und würde zum Spazieren und Velofahren einladen. Immerhin verbrachten wir einen Tag auf dem Bauernhof und spazierten im Abendlicht durch die goldenen Felder.



La Valle del Sarmento, Basilicata
















































Giuseppe, Mariachiara, Ninetta

Bauer Bruno

























In der Weingrotte

Lokale Leckereien
 
Giulia, Giovanni, Isabella, Angela, Ninetta






















Nach 4 Wochen mit sehr wenig Bewegung freuen wir uns, dass es endlich wieder losgeht und mit der Alpenüberquerung erst noch einer der schönsten Abschnitte unserer Reise ansteht.

Bis glii!



5. Juni 2013

བཀྲ་ཤིས་བདེ་ལེགས, Motorradcowboys und Himalayageier

3920 – 4330 – 4180 – 4130 – 4708 – 4620 – 4696...  Insgesamt 15 Pässe lagen im letzten Monat auf unserem Weg durch Osttibet. Aufgrund der generellen Höhe in welcher wir uns befanden bedeuteten manche Pässe nur 300 Höhenmeter, andere wiederum verlangten uns während 2 Tagen über 2000 ab. Nach vielen Zeltnächten, Schnee und Kälte sind wir mittlerweile einigermassen platt aber zufrieden in der Tiefebene Chengdus angekommen und geniessen das warme Wetter in der Millionenmetropole. Die Route bis Km 9819 findet Ihr wie immer hier.

Profil Shangri-la bis Chengdu
 
Ein, zwei Tage vor den zu erwartenden Besucherhorden der goldenen Woche im Mai, in welcher halb China Ferien hat und das Land bereist, brachen wir von Shangri-la aus Richtung Norden auf. Der erste richtige Pass auf dem Weg nach Litang war noch nicht ganz 4000 Meter hoch, verkehrsarm, perfekt asphaltiert und die Sonne strahlte am blauen Himmel. Umstände, die sich in keinster Weise als Standard erweisen sollten. Bereits am Fusse des 2.Passes verwandelte sich die Strasse abrupt in eine Rumpelpiste, die Dank des Nieselregens auch noch rutschig war. Strasse schlecht, kalt & nass, Aussicht gleich null, wir waren nahe dran einen Bus zu besteigen... Irgendwie kamen wir nach einigen Stunden dennoch per Velo auf dem Pass an, knipsten bei 2 Grad ein obligates Photo und hoppelten weiter auf der Suche nach einem Zeltplatz. Da die Gegend links und rechts der Strasse ausnahmslos steil und ungeeignet war, mussten wir einige Kilometer zurücklegen, bevor wir auf eine Wiese stiessen, die ein Schlafen ohne zuviel Blut in den Beinen oder im Kopf zulassen würde. Die tibetische Familie, welche am Ende der Wiese in ihrem einfachen Steinhaus wohnte, nickte uns mitleidsvoll zu und bedeutete uns, dass die Wiese zu unserer Verfügung stünde. Nachdem wir uns gerade im Zelt eingerichtet hatten und die Instantnudelsuppen unsere Bäuche etwas zu erwärmen begannen, „klopfte“ es am Zelt und unser Gastgeber bat uns zu sich und seiner Familie ins Steinhaus. Dort brannte ein wärmendes Feuer und bald wurde uns klar, dass die Nudelsuppe im Zelt nur die Vorspeise des Abends gewesen war. Über dem Feuer brodelte ein Topf mit Suppe, in welcher Gemüse, Streifen einer Speckschwarte und fingerdicke Teigstücke schwammen. Dazu gab es bei Kerzenschein Yakbuttertee, dessen Geschmack im Lonely Planet mit alten Socken verglichen wird. Naja, ganz so schlimm ist er nicht, aber durchaus gewöhnungsbedürftig. Alles in allem also ein deftiger 2.Gang. Als gesättigte Rauchwürstchen verabschiedeten wir uns eine Stunde später in Richtung Zelt und verfielen augenblicklich in komatösen Schlaf.

1.Pass

2.Pass



Geschafft!

























































Das Haus unserer Gastgeber

Die Nacht war kühl und regnerisch und da wir uns immer noch auf über 4000 Metern befanden präsentierte sich die Landschaft am nächsten Morgen bis knapp über unsere Wiese schneeweiss. Die Strasse war nach wie vor übel und so konnten wir nach 2 weiteren Pässen die lange Abfahrt nur halbwegs geniessen. Das Gefühl nach 80km Dauergeholper wieder auf Asphalt zu fahren war dann allerdings traumhaft und wir flogen die letzten Kilometer durch kleine Dörfer Richtung Xiangcheng.

Von unserem Hotel aus genossen wir einen Ruhetag mit hervorragender Aussicht auf eine grosse Hochzeitsgesellschaft. Viele Gäste, laute Unterhaltung und sich vor lauter Essen biegende Tische. Und genau wie in den meisten Restaurants waren nach der Mahlzeit immer noch Unmengen an Speisen übrig. Was uns als dekadent erscheint, zeigt in China angeblich, dass man es sich schlicht und einfach leisten kann. Viel bestellen und bezahlen, es dann aber nicht essen.


























Bei schönem Wetter ging es nun an den höchsten Pass der Reise. Während tibetische Familien Ihre Yaks, Schweine, Ziegen und Schafe die Bergtäler hoch trieben, strampelten wir nur unwesentlich schneller Richtung Gipfel und erreichten am 2.Tag stolz die ersehnten Gebetsfahnen, welche jeweils unzweifelhaft die Passhöhen signalisieren. Auf der anderen Seite erwarteten uns eine kleine Abfahrt und ein warmes Bett in einem kalten Zimmer.































































Auf 4708 M.ü.M.




Am nächsten Morgen war der Schnee noch etwas näher gerückt und lag leuchtend im sonnigen Hof des Hotels und auf den Autodächern. Wir freuten uns, dass wir immerhin nicht im Freien übernachtet hatten, denn die meisten Himalayaradler erwachen früher oder später in einem verschneiten Zelt. In den Genuss eines Schneesturmes kamen wir an diesem Tag aber dennoch, wurden von Sprengungsarbeiten an einer Strasse aufgehalten und durften auch wieder ein paar schlammige Kilometer bergauf absolvieren. Trotz dem Überqueren einer wunderschönen Hochebene eher ein Prüfstein für die Moral.

Am nächsten Tag wurde eine dieser wiederkehrenden Schlammpassagen zum Verhängnis für Mona: auf einem Stein ausgerutscht, nicht rechtzeitig aus den verkrusteten Klicks rausgekommen und flartsch, lagen Mona und ihr Velo im Fangobad. Als uns danach zwei Bauarbeiter von sich aus mit dem Pickup mitnehmen wollten, liessen wir uns für die letzten 20km bereitwillig chauffieren und konnten in Ruhe einen riesigen (höchstwahrscheinlich) Himalayageier beobachten.













Tibetisches Kloster




























































Und dann befanden wir uns also in Litang, einer Stadt, die uns von Chinesen als schön und tibetischer als Lhasa angepriesen worden war. Leider waren wir nicht sehr angetan vom ziemlich heruntergekommenen Ort und erfreuten uns deshalb daran, dass Litang ganz offensichtlich einer der Verkehrsknotenpunkte für die chinesischen Tibetradler ist. Und es waren deren viele: drei Tage lang beobachteten wir wie unzählige von jungen Chinesen meist in Gruppen mit leichtem (oder leichtsinnigem?) Gepäck bei Temperaturen um Null Grad in der auf 4000 M.ü.M. gelegenen Stadt ankamen. Die Route nach Lhasa ist gespickt mit miserablen Strassen und hohen Pässen bis zu 5000 M.ü.M. Das Zeitfenster für die über 2000 Km von Chengdu bis ans Ziel ihrer Träume: 25 Tage. Respekt, aber ob das realistische Berechnungen sind? Wir bewunderten die enthusiastischen Jungs und wenigen Mädels auf jeden Fall sehr.

Nebst chinesischen Radlern trafen wir auch einige aus Frankreich und Deutschland und so gestaltete sich unsere Pause in Litang sehr kurzweilig. Es war spannend und witzig die Erfahrungen anderer Veloreisender zu hören. Zudem führten die Infos dazu, dass wir uns für eine Routenänderung entschieden. Was sich gerüchteweise in Blogs und im Mailkontakt mit anderen Velofahrern bereits abgezeichnet hatte, wurde uns nun endgültig bestätigt: die Hauptstrasse Richtung Kangding sei eine endlose und üble Baustelle, die aufgrund des Regens (=Schlamm) und dem Verkehrsaufkommen schlicht nicht zu empfehlen sei. Da wir zeitlich gut dran waren nahmen wir nach zwei Pausentagen bei leichtem Schneetreiben die Strasse Richtung Norden nach Garze. Kaum waren wir von der Hauptstrasse abgebogen wurden wir mit einer piekfeinen Asphaltstrasse belohnt, die sich über den nächsten 4000er schlängelte und uns für einmal eine 50km lange Hochgeschwindigkeitsabfahrt ohne Verkehr bescherte. Es war der Hammer. Allerdings erlebten wir auch an diesem Tag ein paar Wetterlaunen: einen Schnee-, zwei Hagelstürme und Regen, die sich jeweils mit etwas Sonnenschein abwechselten. Wir waren zeitweise mehr am Kleider wechseln als am Radeln. Und nach der Abfahrt...kam die nächste Baustelle.





















































Hochebene von Litang

































In Xinlong begegneten wir nach unserem Treffen in Litang erneut Martine und Dominique, einem französischen Ehepaar, welches seit 14 Monaten unterwegs ist und von Strasbourg nach Asien gefahren ist. Wir strampelten gemeinsam nach Garze und mussten uns innerhalb von 2 Tagen gleich 3 Mal an Checkpoints der Polizei ausweisen, ein Novum für uns in China. Wir mutmassten, dass ein Zusammenhang mit der kürzlichen Selbstverbrennung zweier tibetischer Mönche bestehen könnte. Seit Shangri-la befanden wir uns nämlich definitiv in tibetischem Gebiet und anstatt Ni Hao (你好) hiess es nun Tashi Deleg (བཀྲ་ཤིས་བདེ་ལེགས). Der Baustil hatte sich sehr verändert und besonders die weissen, burgartigen Häuser waren sehr beeindruckend. Überall gab es viele Stupas, Gebetsfahnen und wasserbetriebene Gebetsmühlen.

Martine und Dominique bei der Mittagspause






Gebetsmauer






















Ab Garze waren wir wieder alleine unterwegs, motiviert für die letzten gut 700km in Asien. Doch unser Elan wurde am Aufstieg zum nächsten Pass schlammartig gebremst. Die Stelle war derart wüst, dass sogar Autos mehrere Anläufe benötigten. Wir hatten keine Lust mehr auf eine erneute Plackerei und hielten den Daumen raus. Nach einer guten Stunde nahmen uns drei Männer im Kleinlaster mit, die Fahrräder verstauten wir auf der Ladefläche. Die folgenden 70km waren etwas vom Übelsten, was wir bisher an Strassen in Asien gesehen hatten. Selbst die Fahrt auf dem Rücksitz des Lasters war eine Qual für sämtliche Innereien. Ebenso wurden unsere Fahrräder durchgeschüttelt und die Liste der Zerstörungen war nach 3 Stunden ziemlich lang: 2 zerkratzte Oberrohre, ein abgebrochener Trinkflaschenhalter, ein gerissenes Tachokabel, ein gequetschtes Bremskabel, eine kaputte Schaltkabelhülle, ein abgebrochenes Schutzblech, ein verbogener Gepäckträger und als i-Pünktchen ein ordentlicher Achter im Hinterrad von Bruno. Uff. Da wir das meiste zügig reparieren konnten, war das aber immer noch besser als 2 Tage frustriert durch die Gegend zu radeln.

The End






Für die letzten 600 Km war es dann vorbei mit unfahrbaren Abschnitten. Wir hatten absolutes Wetterglück und genossen so nochmals einige schöne Zeltnächte und Passfahrten. Als Zückerchen zum Schluss ging es 2500 Höhenmeter hoch bis auf 4481 M.ü.M.. Es gab viele weisse Gipfel zu bestaunen und mit dem Siguniangshan sogar den bisher höchsten (6250 M.ü.M.) der Reise. Auf dem letzten Pass angekommen erwartete uns dann die ultimative Belohnung: 120 Km und 3700 Höhenmeter bergab. Es war eine schier endlose Abfahrt, die grössenteils durch den grünen Nationalpark Wolong führte, der einerseits aufgrund seiner Pandas, die man freilebend jedoch nur mit sehr viel Glück zu sehen bekommt, und andererseits wegen des schweren Erdbebens von 2008 sehr bekannt ist. Das Epizentrum befand sich in dieser Region und wenngleich die meisten Bauten wieder neu erreichtet worden sind, ist die Zerstörung hier und da noch deutlich sichtbar und die Strassen im unteren Bereich des Parkes befinden sich in eher provisorischen Stadien. Wir passierten Friedhöfe und Gedenkstätten und wurden das Gefühl nicht los, dass die Katastrophe touristisch vermarktet wird.






























Pause mit dem Siguniangshan




















Richtung Pandapass














Auf dem letzten Pass angelangt






















Die Abfahrt

Überreste der Zerstörung


Nun sind wir seit einer Woche in Chengdu und erholen uns von den letzten Wochen - und dem Schock innerhalb von einem Tag aus der Pampa kommend in einer 12-Millionenstadt gelandet zu sein. Wir wohnen bei einem chinesischen Ehepaar, welches mit uns die Stadt erkundet, die drolligen Pandas in der Zuchtstation besuchte, mit uns im Bowlingcenter war und uns die Zubereitung einiger chinesischer Gerichte beibringt. Lecker.

Und wie immer noch ein paar Bilder.


In Richtung Grossstadt



























Lieblingsposition 1 und Lieblingsbeschäftigung 1

 
Lieblingsposition 2 und Lieblingsbeschäftigung 2



Vor dem Dorfladen

 
Im Dorfladen

 
Motorradcowboys





































 
Nudelpause im Bauarbeiterhaus

 
Nach eisiger Nacht

 
Am Aussicht Geniessen
































Freude auf dem Pass
 
Jawohlll!

 
.....






































Nächste Woche sind wir bereits in Italien und werden nach ein paar Verwandtenbesuchen zurück nach Basel radeln.

Machet's guet und bis sehr bald.